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Rainer Pollmann

Rainer Pollmann

Warum wird der ROI von Kommunikation gemessen?

Der ROI ist ein Maß für die Ertragskraft einer Unternehmung. Er gibt an, welchen Gewinn das investierte Gesamtkapital erbracht hat. Das Unternehmensvermögen wird in den Termini der Bilanz als Umlaufvermögen und Anlagevermögen bezeichnet. Dabei wird das für den Betriebszweck/Geschäftsmodell notwendige Umlauf- und Anlagevermögen angesetzt, mit dem der Betriebserfolg erzielt werden soll. Umlaufvermögen und Anlagevermögen ins Verhältnis zum damit erzielten Betriebsergebnis gesetzt. 

Im Zusammenhang mit dem Marketing oder der Unternehmenskommunikation wird oft ein ROI vorgestellt, bei dem die Kosten in das Verhältnis zum Ertrag gesetzt werden. Dieser Ansatz zielt aber Richtung Effizienzbetrachtung (Output/Input). In der Abbildung unten wäre diese Beschreibung eher als Teil des ROI-Baums, nämlich im Bereich der Umsatzrendite zu suchen.

Auch das wäre noch nicht korrekt, da die erwähnten Kosten ein Teil des Betriebsergebnisses (Umsatz – Kosten / Aufwand) sind. Daher ist nicht klar, ob der jeweilige Autor den Begriff Rendite „artfremd“ verwendet und eigentlich den ROI meint oder ein abweichendes Verständnis des ROI vorliegt.

Ein abweichendes Verständnis des ROI bei PR Professionals im englischsprachigen Raum wurde z.B. in einer Studie von Prof. Tom Watson (em.), University of Bornemouth und Prof. Ansgar Zerfaß (Universität Leipzig) nachgewiesen. Auch der European Communcation Monitor 2011 stellt ein unzutreffendes Verständnis des ROI bei PR-Schaffenden fest.

Sollte hinter dieser Auffassung des ROI der Versuch stehen, die Controller zu mehr Verständnis für Kommunikationsarbeit zu gewinnen, dann wird dieses vom Standard abweichende Verständnis des ROI zu einem Problem für Kommunikatoren werden. Vergleichbar mit solchen Situationen, wenn man gegenüber Muttersprachlern Irritationen auslöst, indem man „false friends“ verwendet.

ROI
Der „klassische“ ROI aus der externen Rechnungslegung

1. Ist Kommunikationsarbeit ein Investment?

Möchte man einen ROI für den finanziellen Kommunikationserfolg berechnen, würde das in dieser Logik bedeuten, dass das im Fachbereich Unternehmenskommunikation gebundene betriebsnotwendige Anlage- und Umlaufvermögen (Büro- und IT-Ausstattung, Geschäftswagen, Büromaterial, Kaffeevorräte, usw.) ins Verhältnis zu dem durch Kommunikationsleistung veränderten Umsatzrendite (Betriebsergebnis/Umsatz) zu setzen.

Was würde man mit diesem ROI ermitteln? Dass das in die Kommunikationsabteilung investierte Kapital eine Rendite erwirtschaftet, das Investment in die Kommunikationsabteilung also ein lohnendes Investment war?

Ist das das Ziel der ROI-Berechnung?

Nein, nicht die Kommunikationsabteilung ist das Investment, sondern die gesamte Organisation. Und die Unternehmenskommunikation ist nur ein Teil des Investments. Aus diesem Grund ist die Berechnung des ROI in der Kommunikationsarbeit nicht sinnvoll. Denn der ROI liefert die Antwort auf eine Frage , die so nicht gestellt wurde!

2. Der ROI ist eine an der Vergangenheit orientierte Berechnung

Der ROI ist eine vergangenheitsorientierte Betrachtung der Rendite, da er aus den Zahlen des Jahresabschlusses berechnet wird. Der Jahresabschluss einer Organisation liegt in der Regel ab dem Monat März des Folgejahres vor und zeigt damit veraltete und für die Steuerung ungeeignete Werte. Letztlich ist der ROI eine für Investoren gedachte Kennzahl, die ihnen aufzeigt, wie gut sich das im Unternehmen investierte Kapital im Zeitraum eines Jahres amortisiert hat. Welche Information erhalten wir damit?

Der ROI zeigt uns den Einsatz der knappen Ressource Kapital  und ob die Ergiebigkeit des Kapitals je Kapitaleinheit (Kapitalrentabilität) einer anderen Investition vorzuziehen gewesen wäre.  Wegen dieser starken Vergangenheitsorientierung ist der ROI unter Controllern auf dem Prüfstand, ob er die für die Steuerung einer Organisation geeigneten Informationen liefert.

Wäre das Intellectual Capital (Immaterielle Vermögenswerte) eine bilanzierungsfähige Größe, dann würde der ROI tolle Antworten liefern. Aber leider….

3. Der ROI ist eine kurzfristige Erfolgsrechnung

Für die Ermittlung des ROI werden Zahlen aus der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung eines Jahres verwendet. Dahinter steht der Gedanke, die Rendite des investierten Vermögens für einen definierten Zeitraum, also für ein Jahr zu berechnen und diese Berechnung auch Unternehmensexternen zu ermöglichen. Denn Jahresabschlüsse müssen von Kapitalgesellschaften veröffentlicht werden. Wer mit Unternehmenskommunikation zu tun hat, weiß, dass es in der Tat kurzfristige Kommunikationserfolge geben
kann, die im Zeitraum eines Jahres entstehen.

Wenn es aber um das Thema Branding, Aufbau von Reputation, Herstellung von Kooperationsbereitschaft von Stakeholdern geht, dann dauert es meist mehrere Jahre, bis z.B. ein Reputationsertrag entsteht, bis ein Preispremium durch eine Marke erzielt werden kann, bis die Transaktionskosten (in diesem Fall Kosten der Einstellung neuer Mitarbeiter und Einarbeitungskosten) des Personals durch ein Employer Branding sinken.

In diesem Fall sollte dieser Kommunikationserfolg nicht mit einem Instrument gemessen werden, dass eher für eine kurzfristige Betrachtung gedacht ist. 

Wenn dann schon Instrumente des Controllings verwendet werden, dann sollten eher Instrumente verwendet werden, die finanzmathematische Methoden wie Kapitalwert  oder Discounted Cash Flows verwenden. Dann begibt man aber erst recht in den Bereich der Investitionsrechnung, was ich persönlich für sehr empfehlenswert halte. Denn das ist m.E. der wesentliche Erfolgsbeitrag von Unternehmenskommunikation, der Aufbau von Erfolgspotenzialen für zukünftige Erfolge. Und das bedeutet investieren unter Abwägen von Chancen und Risiken.

4. Welche Antworten gibt der ROI?

Die Messgrößen ROI, bzw. deren wertorientierten Ableger ROCE , EVA ™ sind für  reife Unternehmen entwickelt worden. Reife Unternehmen sind solche, die gut im Markt mit ihren Produkten positioniert sind  und hohe Renditen für ihre Eigentümer erzielen. Bei solchen Unternehmen macht es sehr viel Sinn den Kapitaleinsatz zu optimieren, wofür ROI & Co. entwickelt wurden. In dieser Logik darf der ROI nur auf das Brot-und-Butter-Geschäft der Kommunikation angewendet werden, nicht aber auf Strategieunterstützung, Branding, Aufbau von Reputation.

Fazit:

Der Return on Communications, Return on Marketing oder Return On Social Media wird immer wieder als Erfolgskennzahl vorgeschlagen. Dieser Vorschlag ist auf den ersten Blick einleuchtend, kann doch damit der Erfolg von Kommunikationsarbeit in einer Organisation (scheinbar) recht einfach belegt werden. Mit dem ROI, einer unter Controllern bekannten Kennzahl, scheint das auch plausibel zu sein. Als Controller habe ich Bedenken, ob sich Kommunikatoren mit der Anwendung Gefallen tun. 

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